Roberto Yanez – Ich war der letzte Bürger der DDR

Hm, seltsames Buch mit dem ich nicht warm geworden bin. Wenn ich es mit einem Wort beschreiben müsste würde ich es ‚langweilig‘ nennen. Aber der Reihe nach.

Roberto Yanez heisst mit vollständigem Namen Roberto Yanez Betancourt y Honecker und ist der Sohn von Sonia Honecker, der Tochter von Erich und Margot Honecker, also der Enkel des langjährigen Staatsvorsitzenden und der langjährigen Kulturministerin (und wahrscheinlich der zweitmeisstgehassten Person nach Erich Mielke) der DDR. Das Buch ist eine anekdotenhaft erzählte Autobiographie, die hauptsächlich aus der dritten Person von Autor Thomas Grimm geschrieben ist. Und das ist schon mein erster Kritikpunkt. da diese Mischung aus Erzählung, Ich-Perspektive und Zitaten das Ganze sehr unrund wirken lässt und irgendwie an Glaubwürdigkeit verliert. Roberto Yanez bezsichnet sich selbst als Dichter, warum schreibt er seine Biographie nicht selbst aus der Ich-Perspektive? Versteh ich nicht.

Die Erzählweise ist eher semi-spannend, das Ganze haut einen nicht vom Hocker aber welche Autobiographie macht das schon? Die Anekdoten sind leicht verdaulich geschrieben und ganz gut erzählt, sodaß man die „Story“ relativ schnell in sich aufsaugen kann. Allerdings bleibt wenig hängen, obwohl sein Leben eigentlich ganz spannend ist. Als Kind in der DDR aufgewachsen, sein Vater ist Chilene der aus seinem Heimatland wegen der Pinochet-Diktatur geflohen ist. 1990, Roberto Yanez war da 16 Jahre, ist die Familie dann nach Chile gezogen, was schonmal ein ganz schön heftiger Bruch in einer Autobiographie ist. 3 Jahre später kommen dann die Großeltern nach, nicht ganz so freiwillig wie Robertos Eltern ausgereist. Roberto stürzt ab, hat Probleme mit Drogen, wird Künstler, heiratet, wird Vater und kümmert sich sehr um seine Großmutter Margot Honecker bis zu deren Tod 2016. Und so wie ich das verstehe ist das für ihn irgendwie eine Erlösung – auf dem Klappentext wird er zitiert mit „Der Tod der Großmutter war für mich der Fall der Mauer“. Erst damit ist für ihn das Kapitel DDR beendet, so stark muss ihr Einfluß auf ihn gewesen sein.

Und hier will ich mit meinem größten Kritikpunkt ansetzen: Es kommt mir viel zu wenig Kritik an den Großeltern. Erich Honecker hat den Schießbefehl an der Mauer zu verantworten und nie Reue oder Einsicht gezeigt, Margot Honecker war bis zum Tod eine überzeugte Kommunistin, die ebenso weder Reue noch Verantwortung für das Unrecht und Leid in der DDR übernommen hat. (Die Frage nach der Schuld ist eine andere, das ist juristisch komplizierter Stoff.) Beide waren der Meinung daß das was da ablief gut und richtig war, zumindest wird im Buch keine Gegengeschichte erzählt. Ich halte Roberto Yanez zu Gute, daß er als Enkel natürlich einen anderen Blickwinkel darauf hat (und das ist ja auch das spannendste an dem Buch) und das seine psychischen Probleme sicherlich auch irgendwie in seiner Herkunft begründet sind. Aber die Großeltern werden mir viel zu neutral dargestellt. Aber gut, er ist halt der Enkel und beschreibt die beiden menschlich als sehr familiär und gutmütig. Mögen muss man das nicht und bei mir erzeugt das irgendwie Unbehagen.

Das Buch ist wie gesagt ganz locker geschrieben und bezieht seine Spannung aus dem Einblick in die Privatsphäre von 2 der mächstigsten Personen der DDR ist mir aber viel zu lalala geschrieben.

 

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